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Ausgebombt

"Ausgebombt"

Unter "Ausgebombt" habe ich vier Produkte aus den 1980er Jahren zusammengefasst.

 

Ich lebte von 1979 – 1983 mit jungen, brillanten Künstlern in einer WG "B56", die auf Entwicklung und Ziel ausgerichtet war.

Was ich also zu sagen hatte, war überlagert von Sachen wie Clockwerk Orange, Faust I. Teil, Thelonious Monk, Franz Kafka, Strawinski, Tim und Struppi, oh ja, auch von den Ramones, den Sex Pistols, vor allem vom Hass auf neue/alte Nazis.

 

In wilden "B56"-Nächten lernte ich – Heißa – Tanzen, real und im Produkt. Nach dem Schnelldurchlauf Rock, Reggae, Punk, New wave ließ ich 1981 die schräg/revolutionäre Wochenzeitschrift Geil + Fröhlich vom Stapel.

 

Kriegsgedichte, neue Zeichen, merkwürdige Bilder, der bekennerische Text: "Mann ohne Liebe" und Jörgs geiles Layout prägten das Format.

 

Ein Schritt war getan.

 

Zu der Zeit begann unser "B56"-Star Kai Havaii den Gipfel der deutschen Rockmusik mit "Flieger, grüß mir die Sonne" zu erklimmen.

 

Gabi Lambrecht und ihre Band legten dann auf der Independent-Schiene mit "Kein Mensch" nach und wurden umgehend Jon Peels Liebling auf BFBS (BBC).

 

Jetzt war ich wieder gefordert, brachte 1981/82 mit Rolf Möller die fantastische Maxi-LP "jupheidi im Morgengrauen" nach vorn.

 

Daraufhin zwangen mich die Punks in Essen beim 1. Nachkriegs-DADA-Kongress auf die Bühne. Ich tingelte mit meiner One-Man-Show unter "Das knallt demnächst" durch die Städte und trat im Rahmenprogramm der Documenta '82 in Kassel unter "ins pure Glück" beschwingt wieder ab.

 

Die "komplette Operette ANITA" war mir gerade unübersehbar vor die Füsse gefallen. Was sollte ich machen, sie fesselte mich über Jahre, mich ebenso wie rund fünzehn weitere ihrer Jünger.

 

Mittlerweile erklomm Kai den deutschen Rockhimmel, verdiente Millionen und zog mit Jörg in die Welt. Das gesegnete Ziel der WG "B56" war erfüllt.

 

1986 schlossen sich 9 Künstler aus Hagen mit mir in Klack Klack zusammen, die sich als Schüler der Verlockung verstanden. Wir wollten unsere Musik produzieren. 1988 veröffentlichten wir die LP "Schule des Vergessens".

Jörg Hoppe machte alternatives Kino, zeigte Frank Zappas "200 motels", holte "Killing Joke" aus England, oder "the Wirtschaftswunder" aus Deutschland in "Mausis" spontan gegründete Disco "Neue Heimat". Wir versuchten die politischen Korsettträger der Stadt (Maoisten, Grüne, KPDMLer) von der Tatsache zu überzeugen, daß ihre junge Klientel sehr gerne Programm-Vorschauen von Bands und alternativem Kino im strengen Volksblatt lesen wollte.

 

Unsere Ergebnisse waren Produkte, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Doch eins war aller Sinn: Spottlust an der restaurativen BRD und neue Signale, neue Musik aus Amerika, England, ja, erstaunlicherweise West-Deutschland – wir fühlten uns innig verbunden, wie zwitschernde Spatzen, pausenlos schaffend, gnadenlos kreativ.

 

Ich war damals 40 und doppelt so alt vor den Kumpels. Drösel das mal auf.

 

Ich wollte die neue Zeit schmecken, war zähes Kriegskind gewesen, 1937 in Kassel geboren, ausgebombt und im tumben Nachkriegsdeutschland aufgewachsen.

WG "B56":

Foto Bernhard Schaub, SPEX

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